Der Shiba als Jadghund

von Nobuo Atsumi / japanischer Shiba-Züchter

Auf einer Shiba-Party Anfang des Jahres traf ich Herrn Ichihara der ein engagierter Jäger während der Jagdsaison im Winter ist. Herr Ichihara besitzt verschiedene Jagdhunderassen und schwört dass für die Jagd auf Kupferfasane seine Shibas besser geeignet sind als der Deutsch Kurzhaar. Die Diskussion die ich mit Herrn Ichihara hatte war so interessant dass ich Ihnen einige seiner Erfahrungen und meine Gedanken über den Shiba als Jagdhund mitteilen möchte.
Es ist bekannt dass die damaligen Shibas, aus denen der heute existierende Shiba entstand, im Ursprung aus den Bergregionen in Shinshu, San-In, Shikoku und anderen entfernten Gegenden Japans entstammen. In den Jahren um 1920 und 1930 wurden zahlreiche Expeditionen von den Gründern von NIPPO auf der Suche nach den einheimischen Hunden durchgeführt. Die Berichte sagen dass die besten und reinsten Hunde im Umfeld der Matagi-Jäger in den Bergregionen gefunden wurden. Die Matagi sind professionelle Jäger, die von der Jagd auf Bären, Wildschweine, Hirsche, Füchse, Waschbären und anderes Wild lebten. Die Matagis in verschiedenen Gebieten benutzten auch verschiedene Hundetypen zur Jagd und NIPPO legte verschiedene Rassen wie Shikokus und Kishus aus diesen einheimischen Hunden fest. Im Allgemeinen wurden mittelgroße Hunde für die Jagd auf großes Wild verwendet während die Shibas hauptsächlich zur Jagd auf kleinere Tiere und Vögel eingesetzt wurden.

Matagis mit Kishus um 1930

Ich selbst bin kein Jäger und weiß nicht sehr viel über die Jägerei aber ich verstehe dass Jäger , je nach der Beschaffenheit des Geländes und des zu jagenden Wildes verschiedene Rassen einsetzen. Herr Ichihara sagt dass der Shiba am besten zur Jagd auf Kupferfasane im bergigen Gelände geeignet ist. Er setzt den Shiba aus Sicherheitsgründen nicht zum Aufstöbern dieser Fasane im freien Feld ein. Shibas eignen sich am besten als Einzelhund mit einem Jäger, in der Gruppe arbeiten sie nicht so gut.

In 1994 erwarb Herr Ichihara einen jungen Shiba-Welpen. Er nannte die kleine rote Hündin KORO. Es war nicht ganz einfach Koro auszubilden und er konnte nicht sicher zurückrufen bis sie ein Jahr alt war. Bei verschiedenen Gelegenheiten musste er sie in den Bergen zurücklassen und sie am nächsten Tag weitersuchen. Allerdings hatte sie sehr gute Anlagen für einen exzellenten Jagdhund, sie konnte sich sehr leichtfüßig in Gebüsch, Dickicht und Bächen bewegen. Aber im Alter von 3 Jahren hatte sich Koro zu einer wundervollen Gefährtin von Herrn Ichihara in den Bergen um Tanzawa entwickelt.

An einem typischen Wintertag in den Bergen von West Tanzawa liess Herr Ichihara Koro morgens gegen 10 Uhr aus dem Auto. Bald waren sie auf dem Weg bergan in Richtung eines Baches. Koro nahm schnell Witterung auf und fixierte die obere rechte Seite des Baches, dabei winselte sie leise. Herr Ichihara machte sein Gewehr fertig und behielt Koro im Auge. Sie rannte in dichtes grünes Buschwerk und dann bergauf. Dadurch scheuchte sie einen Kupferfasan aus einem ca. 20 m entfernten Busch auf und begann in Shiba-Manier hoch und laut zu bellen. Durch dieses Bellen macht sie Herrn Ichihara immer darauf aufmerksam dass sie Wild aufgestöbert hat und er hat die Möglichkeit zum Schuss auch wenn Koro außer Sichtweite ist.

Koro bleibt immer in einem Radius von 30 bis 30 Metern um Herrn Ichihara. Er kann dadurch gemächlich durch die Landschaft wandern, die Umgebung genießen. Wenn Koro über einen Bergrücken verschwindet und ein Wild aufscheucht wartet Herr Ichihara auf sie und bald kehrt sie wieder auf der Fährte zu ihm zurück. Wenn sie seinen Geruch nicht finden kann heult sie und Herr Ichihara ruft ihren Namen damit sie zu ihm zurückfindet.
Wenn Koro die Fährte eines Kupferfasans aufnimmt arbeitet sie heftig mit ihrer Nase. Wenn der Fasan sich nur einige Zentimeter bewegt bleibt Koro stehen, ihre Ohren zeigen auf den Fasan und die Rute hängt leicht nach unten. Dann stürzt sie sich auf das Wild und scheucht es damit immer auf. Herr Ichihara und Koro haben sich zu einem perfekten Team entwickelt, sie genießen ihre Wanderungen entlang einem Bergbach und die Kameradschaft zwischen den beiden.

CHIBI und KORO

CHIBI und KORO

Herr Ichihara findet dass Shibas sowohl gute Jagdhunde sein sollen als auch gut aussehen sollen. Koro wurde mit dem NIPPO Show Winner Tengo no Ginryu verpaart und CHIBI, eine Hündin aus dieser Verpaarung, wurde ein weiterer guter Shiba für die Jagd. Herr Ichihara setzt beide, Mutter Koro und Tochter Chibi, für die Jagd ein, manchmal sogar Mutter und Tochter zusammen. Es ist interessant dass sein Freund in Wakayama einen anderen Shiba aus diesem Wurf mit großem Erfolg zur Jagd auf Wildschweine einsetzt.

Herr Ichihara meint dass wenn man auf Typ und Jagdinstinkt züchtet, die Hündin ein erfolgreicher Jagdhund sein soll damit man sicher sein kann dass dieser Jagdinstinkt an die Nachkommen weitergegeben wird. Er findet die Vorteile des Shibas als Jagdhund gegenüber anderen Rassen sind die exzellente Fähigkeit Witterung aufnehmen zu können, gutes Gehör und leichtfüßige Bewegungen im Gebüsch in bergigen Gebieten. Er sagt aber auch dass nicht alle Shibas über einen guten Jagdinstinkt verfügen und ein geduldiges Training nötig ist um bei einigen diese ursprüngliche Fähigkeit wieder zum Vorschein zu bringen.

Shiba mit Kupferfasan

Shiba mit Kupferfasan

Ich (N. Atsumi) habe bereits schon in früheren Artikeln gesagt dass der Shiba ein Jagdhund ist und es daher wichtig ist diese Anlagen in der Zucht des wahren Shibas zu erhalten. Der Standard definiert diesen Punkt klar als wesentliches Merkmal des Shiba Inus. Kan -I und Ryousei sind wichtige Aspekte der Qualität als Jagdhund. Heute findet man Shibas überall in Japan und Zuchtverbände auf der ganzen Welt haben die Rasse anerkannt. Im Zuge der ständig wachsenden Zahl von Shibas in Japan und anderen Teilen der Welt frage ich mich was die Pioniere von Nippo über den heutigen Shiba sagen würden – ist er noch der Hund den sie damals erhalten wollten ? Oder sind im Laufe der Jahre beim sogenannten moderne Shiba viele wichtige Eigenschaften seiner Ahnen, die ihn zu einem guten Jagdhund machen, verloren gegangen?

Ich wäre froh wenn Shiba-Liebhaber mir von ihren Erfahrungen diesbezüglich erzählen würden. Wird der Shiba in anderen Ländern zu Jagd eingesetzt ? In Japan gibt es einige Bücher die sich mit der Ausbildung von Shibas zum Jagdhund befassen und ich würde mich gerne mit dieser Frage näher beschäftigen und meine Informationen demnächst mit anderen Shiba-Liebhabern teilen.

Übersetzung + Copyright: Karin Czernay/Sept. 02 mit Genehmigung des Autors